Rückblick: Das Geheimnis meines Vaters – Im Schatten des BND

Als Corinna von Bassewitz entdeckte, dass ihr Vater insgeheim Agent für den deutschen Auslandsgeheimdienst BND war, begann eine intensive Spurensuche in die Vergangenheit. Die Ergebnisse dieser Recherche hat sie nun in einem Buch zusammengefasst, welches sie am 22. November 2022 im Deutschen Spionagemuseum vorstellte.

Autorin trifft BND-Agent

Als ideale Ergänzung zur Autorin erwies sich der Moderator des Abends, Bodo Hechelhammer. Dieser konnte sowohl mit seiner Erfahrung als Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes wie auch als Autor mehrerer Publikationen einiges zum Abend beitragen. Statt eines starren Interviews entwickelte sich so ein angeregtes Gespräch zwischen Autorin und Moderator, sehr zur Freude des zahlreich erschienenen Publikums.

Corinna von Bassewitz und Bodo Hechelhammer

Corinna von Bassewitz kann auf eine jahrelange journalistische Berufserfahrung zurückblicken. In erster Linie schreibt sie für Lifestyle-Magazine und gehört unter anderem zu den Gründungsmitgliedern der deutschen Ausgabe der Zeitschrift ELLE. Die nun vorliegende Publikation allerdings war eine gänzlich neue Herausforderung: Das Geheimnis meines Vaters. Der BND, meine Familie und ich ist ein erzählendes Sachbuch über die Geheimidentität des Vaters und die eigene Familiengeschichte im Kalten Krieg.

Falsche Namen und dubiose Nummernschilderwechsel

Im Grunde habe es bereits früh Anzeichen dafür gegeben, dass der Vater nicht nur der einfache Soldat war, für den er sich ausgab, berichtete Corinna von Bassewitz. Im Alter von 16 Jahren habe sie ihn beispielsweise zufällig dabei erwischt, wie er sich mit falschem Namen am Telefon meldete. Nachfragen dazu habe er abgewiegelt, das würde manchmal zu seinem Job gehören. Damals habe sie sich aber damit nicht näher beschäftigt, denn „in der Pubertät habe man andere Sorgen“ als elterlichen Geheimnissen nachzuspüren, so Bassewitz.

Die Autorin war jedoch nicht die einzige, der solche Ungereimtheiten aufgefallen waren. Misstrauisch eine Affäre vermutend, habe die Schwiegermutter dem Schwiegersohn nachgespürt. Dabei erwischte sie ihn in einem Waldstück beim Wechsel seiner Autokennzeichen. Auch wenn es Hechelhammer „brennend interessiert“ hätte, wie es dem ertappten Agenten gelungen sei, sich aus dieser wirklich schwer erklärbaren Situation herauszureden, lassen sich diesbezüglich leider keine Informationen mehr gewinnen.

Buchcover “Das Geheimnis meines Vaters”
[Hirzel Verlag]]

Es gelang dem Vater dennoch im Großen und Ganzen, die Fassade aufrecht zu halten. Auch der eigenen Ehefrau habe er nie erzählt, was er beruflich konkret mache, wie Corinna von Bassewitz erzählte. Hechelhammer erklärte ergänzend, dass es gegenüber dem heutigen eher offenen Umgang damals in Geheimdienstkreisen durchaus üblich war, große Geheimhaltung zu betreiben. Dazu gehörte auch, selbst Familienmitglieder außen vor zu lassen.

Erst einige Zeit nach dem Tod des Vaters begann Corinna von Bassewitz damit, sich konkreter mit dessen Doppelleben zu befassen. Heute bedauert sie, dass sie nie gewagt hatte, offen und ehrlich mit ihm zu Lebzeiten darüber zu sprechen. Nun musste sie die Puzzleteile selbst zusammensetzen. Im Laufe ihrer Recherche fand sie auf dem Dachboden Briefe und Unterlagen mit Geheimdienstbezug. Zudem nahm sie Kontakt mit dem BND-Archiv auf und sprach mit ehemaligen BND-Kollegen des Vaters.

Das Agentenprofil des Vaters entschlüsselt

Alte, auf dem Dachspeicher gefundene Visitenkarten gaben Rückschlüsse auf die Tarnidentitäten des Vaters. Auf diesen erschein er unter falschem Namen als Vertreter für einen Gewürzgroßhandel. Bei diesem Unternehmen handelte es sich natürlich um eine Tarnfirma des BND. Laut Hechelhammer war dies eine durchaus brauchbare Tarnung: Sie gab einen guten Grund für Händlerreisen ab, ohne unnötig Aufmerksamkeit zu erregen.

Autorin von Bassewitz stellte sich auch den Fragen des Publikums

Corinna von Bassewitz wurde während der Recherche immer klarer, weshalb sich ihr Vater für die Agententätigkeit eignete. Er habe eine ausgesprochene Fähigkeit besessen, mit Menschen umzugehen und Netzwerke aufzubauen. Aus gutem Grund lautete sein Spitzname Charming Charlie. Corinna von Bassewitz zufolge war er ein wahrer Konversationskünstler und konnte Menschen aller Schichten um den Finger wickeln. Alles in allem ideale Voraussetzungen, um Quellen für sich zu gewinnen und Informationen abzuschöpfen.

Neben authentischen Zeitzeugenberichten und ausgewerteten Archivalien weisen viele Passagen des Buches einen tagebuchartigen Charakter auf. Oft habe sie mehr aus ihrer jugendlichen als aus ihrer erwachsenen Sicht geschrieben, wie Corinna von Bassewitz ausführt. Sie selbst tut sich schwer damit, dass Buch konkret einzuordnen, für ein Sachbuch sei sie zu wenig Historikerin, für eine Biografie gäbe es zu wenig Infos. Eines ist sicher: Das entstandene Buch ist eine besondere Mischung aus Familien- und Geheimdienstgeschichte mit einer sehr persönlichen Note.

Autor: Florian Schimikowski

Veröffentlicht am: 14.12.2022