Veranstaltungsrückblick: Die Nachrichtendienste in den Kriegen

Verschiedene Operationen in internationalen Konfliktherden haben in jüngster Zeit erneut die Bedeutung leistungsfähiger, moderner Nachrichtendienste deutlich gemacht. Geheimdienstexperten analysierten im Deutschen Spionagemuseum Erfolge und Versagen moderner Geheimdienstarbeit.

Kooperationsveranstaltung mit dem GKND

Die Podiumsdiskussion am 11. November 2025 zum aktuellen Thema Nachrichtendienste in den Kriegen war eine Kooperationsveranstaltung zwischen dem Deutschen Spionagemuseum und dem Gesprächskreis Nachrichtendienste in Deutschland e.V. (GKND). 

Der unabhängige, gemeinnützige Verein hat sich zum Ziel gesetzt, das Verständnis für die Nachrichtendienste Deutschlands zu fördern. Dazu erarbeitet der GKND Analysen und veranstaltet Fachveranstaltungen, um eine sachliche öffentliche Debatte über Themen wie Aufgaben, Organisation und Kontrolle von Diensten wie dem BND oder dem Verfassungsschutz zu ermöglichen.

Gerhard Conrad, Helmut Müller-Enbergs und Nico Lange (v.l.n.r.) auf dem Podium im Deutschen Spionagemuseum

Zur Diskussion einer aktueller Entwicklungen der Geheimdienstwelt saßen an diesem Abend Gerhard Conrad, ehemaliger BND-Mitarbeiter und Islamwissenschaftler sowie Nico Lange, Politikwissenschaftler und Geheimdienstexperte, auf dem Podium im Deutschen Spionagemuseum. Die Moderation übernahm der Politologe Helmut Müller-Enbergs.

Entwicklung der ukrainischen Geheimdienste

Gleich zu Beginn der Veranstaltung wurde klar, dass nicht alle aktuellen Spionage- und Sabotageaktionen zwingend Verbindungen zu offiziellen Geheimdiensten haben müssen. Lange machte dies am Beispiel der Nordstream-Sabotage deutlich. Recherchen des Journalisten Bojan Pancevski hatten gezeigt, dass die mit minimalen Mitteln durch Soldaten durchgeführte Operation von privaten Geschäftsleuten finanziert und von einem hochrangigen ukrainischen General überwacht worden war.

Generell habe der ukrainische Geheimdienst SBU eine schwierige Vergangenheit, wie Lange ausführte. Der SBU als Nachfolger des KGB der Ukrainischen Sowjetrepublik wurde nach dem Zerfall der Sowjetunion politisch lange vernachlässigt. Er sei so anfällig für privat bezahlte Spezialaufträge und dubiose Geschäfte geworden. Außerdem seien zahlreiche russlandtreue ehemalige KGB-Mitarbeiter im Dienst verblieben. 

Einen Tiefschlag erlebte der SBU daher auch 2014 während der russischen Annektion der Krim. Damals wurde deutlich, wie stark der Geheimdienst von Russland unterwandert worden war, zahlreiche SBU-Agenten liefen zum russischen Geheimdienst FSB über. Seitdem sei aber eine neue Entwicklung zu beobachten: Die Gegenspionage gegen Russland wurde deutlich verstärkt und ebenso die Zusammenarbeit mit westlichen Partnerdiensten.

Die russische Invasion der Ukraine 2022 habe allgemein das ukrainische Nationalbewusstsein gesteigert – jdas sei auch in den Nachrichtendiensten zu beobachten, die Motivation sei deutlich gestiegen, so Lange. Ein deutlicher Unterschied zum BND lasse sich in der Arbeitsweise erkennen. Statt “nur zu gucken” sei der SBU sehr viel schneller damit, auch aktive Maßnahmen zu ergreifen. Generell seien im Gegensatz zu früher, als kleine Spezialkräfte mit dem Auftrag “Tarnen und Täuschen” eher vereinzelt zum Einsatz kamen, diese laut den Experten mittlerweile ein essentieller Teil der Kriegsführung geworden.

Libanon und Syrien: Operation Grim Beeper

Eine der spektakulärsten Geheimdienst-Aktionen der letzten Jahre war sicherlich die Operation Grim Beeper. Bei dem groß angelegten israelischen Angriff gegen die Hisbollah-Miliz wurden im September 2024 Tausende manipulierte Pager und Funkgeräte zur Explosion gebracht. 

Laut Gerhard Conrad bildete die Grundlage für diese Aktion Informationen aus Netzwerken der israelischen Geheimdienste im Libanon. Auf diese Weise habe man von der Anweisung erfahren, dass Mitglieder der Hisbollah nicht mehr über den leicht ortbaren Mobilfunk kommunizieren sollten. Stattdessen griff man auf Pager und Funkgeräte zurück, die nicht per GPS ortbar waren. 

In einer aufwendigen Operation schaltete der Mossad daraufhin Werbeanzeigen, in denen solche Geräte kostengünstig in besonders robuster Bauweise angeboten wurden. Das Ziel war es, dass die Hisbollah genau diese Geräte anschafft – was auch funktionierte. Der Verweis auf die höhere Robustheit sollte erklären, weshalb die Geräte schwerer als die handelsüblichen sind. Tatsächlich aber resultierte das höhere Gewicht aus der Manipulation der Kommunikationsgeräte mit Sprengstoff.

Diese Geräte konnten dann mit einem bestimmten Funksignal ferngesteuert zur Explosion gebracht werden. Aus militärischer Sicht war die Aktion ein Erfolg: Ein Großteil der führenden Hisbollah-Kämpfer (Conrad schätzt  70-80 %) wurde durch die erlittenen Verletzungen handlungsunfähig. Allerdings befanden sich unter den Opfern auch zahlreiche Zivilpersonen. 

In diesem Umfang sei es eine einmalige Operation gewesen, die in ihrer Ausführung nur einmal funktionieren werde. Auch dieses Beispiel mache deutlich, dass effektive Geheimdienstoperationen oft leichter und günstiger Ergebnisse erzielen können als Militäroperationen.


Autor: Florian Schimikowski

Veröffentlicht am: 05.12.2025