Die Enttarnung des SPD-Verteidigungspolitikers Alfred Frenzel als Spion sorgte für Aufsehen in der Bundesrepublik. Warum hatte der Mann mit der eindrucksvollen Politik-Karriere militärische Geheimnisse an den Osten weitergegeben?
Um Frenzels Werdegang zum Spion nachvollziehen zu können, hilft ein Blick auf seine frühen Lebensjahre. Der 1899 als Sudentendeutscher im Norden der Tschechoslowakei geborene Alfred Frenzel brauchte lange, um richtig Fuß zu fassen. Schon als Kind wurde er zum Vollwaisen. Er absolvierte zuerst eine Bäckerlehre, danach wechselte er mehrfach seinen Beruf, arbeitete unter anderem als Glasschmelzer und Handelsvertreter.

1921 trat Frenzel der Kommunistischen Partei (KP) der Tschechoslowakei bei. Während seiner Tätigkeit für eine kommunistische Konsumgenossenschaft kam es allerdings zu finanziellen Unregelmäßigkeiten, weswegen er 1932 aus der Partei ausschied. In diesen Zeitraum fällt auch eine Verurteilung Frenzels zu 14 Tagen Gefängnis wegen Kokain-Besitz.
Kurz vor dem deutschen Einmarsch in das Sudetenland emigrierte Frenzel 1938 nach Großbritannien. Im Zweiten Weltkrieg diente er erst als Sanitäter in einer tschechoslowakischen Auslandseinheit, dann als Leiter einer Offiziersküche der Royal Air Force.
Nach Kriegsende drehte sich das Blatt: Frenzel ließ sich in der Nähe von Augsburg nieder. Er meldete sich beim Kreisverband der SPD an und begann eine steile politische Karriere. Zuerst war er Abgeordneter des Bayerischen Landtags, 1953 wurde er in den Bundestag gewählt. Hier agierte Frenzel als Mitglied des Verteidigungsausschusses, der sich mit allen militärisch-politischen Angelegenheiten beschäftigt.
1956 holte ihn seine Vergangenheit ein: Der tschechoslowakische Geheimdienst StB war auf Dokumente zu Frenzels früherer KP-Mitgliedschaft und der Verurteilung wegen Rauschgiftbesitz gestoßen – Details, die Frenzel verschwiegen und unter Eid geleugnet hatte. Die Bekanntmachung hätte das Ende seiner politischen Karriere Frenzels bedeutet.

Unter dem Decknamen „Anna“ lieferte er daher geheime Informationen über den gesamten bundesdeutschen Verteidigungshaushalt, Pläne der Bundesluftwaffe und der NATO sowie Details neuer Flugzeuge und Raketen an den StB.
Nach einem geheimdienstlichen Hinweis geriet Frenzel 1960 in das Visier der Fahnder des Verfassungsschutzes. Allerdings genoss er als Bundestagsabgeordneter Immunität, die eine Ermittlung verhinderte. Um ihn zu überführen, musste er auf frischer Tat ertappt werden. Frenzel wurde observiert und bei einer Dokumentenübergabe an seinen Führungsoffizier beobachtet. Nach der Festnahme des Führungsoffiziers entdeckte man bei ihm Dokumente, die sich eindeutig Frenzel zuweisen ließen.
Am 28. Oktober 1960 konfrontierte der Generalbundesanwalt Frenzel in dessen Bundestagsbüro mit den Dokumenten. Frenzel gestand umgehend seine Spionagetätigkeiten. Im anschließenden Prozess erhielt Frenzel wegen Landesverrats eine Haftstrafe in Höhe von 15 Jahren, kam 1966 jedoch im Rahmen eines Agentenaustauschs frei. Er wurde in die Tschechoslowakei abgeschoben, eineinhalb Jahre später starb er in Liberec.
Bildrechte: Titelbild Sitzung des Bundetages in Bonn im Dezember 1954: Bundesarchiv, B 145 Bild-F002349-0009 / Brodde / CC-BY-SA 3.0 | Foto Frenzel: Bayerischer Landtag | Ehemaliger Sitz der StB in Prag: ŠJů, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
Autor: Florian Schimikowski
Veröffentlicht am: 28.10.2025