KGB-Doppelagent beim FBI – Am 10. Mai 2002 wurde Robert Hanssen zu 15-mal lebenslänglich verurteilt

Jahrelang war das FBI auf der Suche nach einem Maulwurf, der wichtige Geheimnisse an den KGB verriet. Als es endlich gelang ihn zu enttarnen, war die Blamage perfekt. Niemand hatte mit dem unscheinbaren Robert Hanssen als Doppelagenten gerechnet. Wann wurde Hanssen zum Verräter und wie konnte er so viele Jahre unentdeckt spionieren?

Hanssens Weg zum Doppelagenten

Robert Hanssen kam im Alter von 32 Jahren zum FBI und machte sich schnell einen Namen in der Gegenspionage. Er arbeitete an einer Datenbank mit enttarnten sowjetischen Agenten und war an streng geheimen Abhöroperationen  gegen die sowjetische Botschaft beteiligt. Nur drei Jahre nach seinem Einstieg beim FBI nahm Robert Hanssen 1979 erst Kontakt zur sowjetischen Militärspionage GRU, später auch zum KGB in der Washingtoner Botschaft auf.

FBI-Mitarbeiterfoto von Hanssen, 2001

Hanssen handelte nicht aus ideologischen Gründen, sondern aus der Sehnsucht nach Nervenkitzel und der Gier nach Geld. Als Inspiration diente ihm angeblich die Biografie des Doppelagenten Kim Philby. Laut Anklage soll er etwa 1,4 Mio. US-Dollar für seine Spionageaktivitäten von sowjetischer und später russischer Seite erhalten haben.

Er verriet zahlreiche Doppelagenten, militärische Entwicklungen sowie taktische Pläne für einen potenziellen Nuklearkrieg. Außerdem enthüllte er eine der spektakulärsten Abhöraktionen des FBI: einen Spionagetunnel mitten in Washington zur sowjetischen Botschaft.

Im Gegensatz zu anderen Doppelagenten, die gegen Geld Geheimnisse preisgaben und diesen Reichtum so verprassten, dass ihr Lebensstil zu ihrer Enttarnung beitrug, war Hanssens Tarnung nach außen hin perfekt. Ein unauffälliger Beamter mit Familie, ideologisch erzkonservativ, christlich und ein glühender Antikommunist. Diese Lebensart hatte wohl entscheidenden Anteil daran, dass Hanssen viele Jahre unbehelligt mindestens 6000 FBI-Dokumente an den sowjetischen und später russischen Geheimdienst übergab.

Geheimkommunikation beim Gassi gehen

Ein weiteres wichtiges Element von Hanssens Geheimhaltung bestand darin, dass er seine Identität vor dem KGB geheim hielt und persönliche Treffen mit seinen Agentenführern verweigerte. Laut Einschätzung des FBI wusste das KGB bis zuletzt nicht, wie sein richtiger Name lautete. Zudem entwickelte Hanssen seine eigenen Toten Briefkästen, um mit dem KGB zu kommunizieren, anstatt die vom KGB vorgeschlagenen Systeme zu übernehmen. Die Toten Briefkästen befüllte er vor allem während der ausführlichen Spaziergänge mit seinem Hund.

Das FBI war sich seit Jahren bewusst, dass es einen Maulwurf geben musste, der zahlreiche Geheimnisse verriet, kam aber nicht auf Hansens‘ Spur. Erst die für 7 Mio. US-Dollar erkauften Informationen eines übergelaufenen russischen Spions sorgten schließlich dafür, dass sich die Hinweise auf Hanssen verdichteten. Um hieb- und stichfeste Beweise zu haben, überwachte das FBI Hanssen daraufhin rund um die Uhr. Als dieser am 18. Februar 2001 einen Toten Briefkasten in einem Park mit Informationen füllte, nahm man ihn umgehend fest.

Als bekannt wurde, wie lange Hanssen sein Doppelleben führen konnte, ohne entdeckt zu werden, entwickelte sich die Angelegenheit zu einer Blamage für das FBI. Das US-Justizministerium ließ verlauten, der Fall sei „möglicherweise das schlimmste Geheimdienstdesaster in der Geschichte der USA“.

Im anschließenden Prozess konnte der überführte Doppelagent die Todesstrafe nur durch ein Geständnis vermeiden. Am 10. Mai 2002 erhielt Robert Hanssen stattdessen 15-mal lebenslängliche Gefängnisstrafe ohne die Aussicht auf Bewährung. Er verbüßt die Strafe im US-Hochsicherheitsgefängnis ADX Florence in Colorado.

Autor: Florian Schimikowski

Veröffentlicht am: 10.05.2022