Corona-Programm: Am 28. Februar 1959 startete der erste Prototyp eines US-Spionagesatelliten

Neue Technologien finden stets rasch Verwendung in der Spionage. Sehr schnell war daher klar, dass die Weiterentwicklungen der Raumfahrtechnik nicht nur Forschungszwecken dienen konnten, sondern auch der Spionage. Das umfangreiche Corona-Programm markierte die erste Epoche der Satellitenaufklärung der USA.

Eine neue Ära der Fernaufklärung

Schon seit Jahrhunderten nutzen Menschen verschiedene Methoden der Fernaufklärung, um aus sicherer Distanz Informationen zu sammeln. Der Beginn der Luftfahrt im 18. Jahrhundert stellte diesbezüglich eine Zeitenwende dar. Spionageballons kamen in den folgenden Jahrhunderten zahlreich und in vielfältigen Ausführungen zum Einsatz. Flugzeuge erweiterten im 20. Jahrhundert die Möglichkeiten der mobilen Fernaufklärung beträchtlich. Als feindliche Abwehrraketen allerdings eine immer höhere Reichweite entwickelten und eine zunehmende Gefahr darstellten, schwand die Effizienz der Spionageflugzeuge.

Britischer Spionageballon, 1908 / Spionageflugzeug Lockheed U-2, 1960

Das Zeitalter der aktiven Satellitentechnik begann mit dem Start des sowjetischen Sputnik 1 am 4. Oktober 1957. Das Ereignis befeuerte die Systemkonfrontation im Kalten Krieg und hatte weitreichende Folgen auf die Gesellschafts- und Technikgeschichte. In den USA lief der Einstieg in die Welt der Spionagesatelliten unter dem Deckmantel des Corona-Programms. Ausgeführt wurde es in enger Kooperation von CIA und US Air Force.

Das Ziel des Corona-Programms war es, unzugängliche und gesperrte Gebiete durch Satelliten aus dem Weltraum zu fotografieren. Der Fokus lag auf Militäreinrichtungen insbesondere in der Sowjetunion und China. Die Satelliten sollten vor allem die riskanten Aufklärungsflüge der U-2-Spionageflugzeuge über sowjetischem Gebiet ersetzen. Außerdem ging es um die Erstellung von Karten für das US-Verteidigungsministerium.

Der Beginn des aktiven Corona-Programms

Die Arbeiten an dem Corona-Programm begannen bereits 1956. Es sollte bis zum 28. Februar 1959 dauern, bevor mit dem Discoverer 1 der erste Satelliten-Prototyp von der Vandenberg Air Force Base in Kalifornien startete. Es handelte sich dabei um einen Prototyp der ersten Serie amerikanischer Spionagesatelliten mit Bildverarbeitung. Diese liefen unter dem Decknummer KH1. KH stand dabei für keyhole (dt. Schlüsselloch) – man wagte also den versteckten Blick durchs Schlüsselloch.

Discoverer 1

Discoverer 1 war ein 5,73 Meter langer Zylinder mit einem Durchmesser von 1,52 Metern und kegelförmiger Spitze. Er enthielt im Gegensatz zu den späteren KH1-Satelliten weder eine Kamera noch eine Filmkapsel. Das Ziel lag im Test der Leistungsfähigkeit der Antriebs- und Lenksysteme. Nach dem Start traten Schwierigkeiten beim Signalempfang  auf, aber der Satellit sendete später während des Fluges, wenn auch mit Unterbrechungen.

Dieser Start stellte nicht nur den Beginn der aktiven Phase des Corona-Programms dar. Discoverer 1 war zudem das erste von Menschenhand geschaffene Objekt, das in eine polare Umlaufbahn gebracht wurde. Eine Rückkehr des Satelliten gelang nicht, er stürzte vermutlich am 17. März nahe dem Südpol ab. Es war der erste von fünf Test-Satelliten, bevor im Juni 1959 ein voll funktionsfähiger KH1-Spionagesatellit zum Einsatz kam.

Vandenberg Air Force Base, 1960er-Jahre

Dieser und die folgenden Satellitenstarts ließen sich nicht komplett geheim halten. Das wahre Ziel des Programms wurde der Öffentlichkeit damals nicht mitgeteilt. Laut offizieller Darstellung sollten damit Satellitensubsysteme getestet und diverse Aspekte des Einsatzes von Menschen im Weltraum untersucht werden. Bis Februar 1962 wurden insgesamt 38 Discoverer-Satelliten gestartet. Das Programm unterlag bis 1995 der Geheimhaltung, dann wurde die Unterlagen freigegeben.


Autor: Florian Schimikowski

Veröffentlicht am: 28.02.2024