Zufallsfund in der Ostsee – Taucher entdecken sechs Enigma-Chiffriermaschinen

Funde der legendären Chiffriermaschine Enigma sind selten und stoßen regelmäßig auf erhebliches mediales Interesse. Daher war die Überraschung umso größer, als nun bekannt wurde, dass ein Taucher in der Ostsee gleich sechs weitere Enigma-Maschinen gefunden hat.

Die Ostsee als Enigma-Grab

Bereits im November 2020 stießen Taucher, die in der Ostsee eigentlich nach herrenlosen Fischernetzen gesucht hatten, in der Geltinger Bucht bei Flensburg auf eine stark verwitterte Enigma-Maschine.

Es könnte sein, dass diese dorthin gelangte, als die deutsche Kriegsmarine am Ende des Zweiten Weltkriegs eine große Selbstversenkungsaktion durchführte. Damit folgten die Soldaten dem von höchster Ebene angeordneten „Regenbogen“-Befehl. Dieser wies die Marine an, Schiffe und Boote zu versenken, damit sie nicht dem Feind in die Hände fielen.

So sieht sie ohne Salzwassereinfluß aus: Chiffriermaschine Enigma I
[Sammlung Deutsches Spionagemuseum]

Anfang dieses Jahres gab die Ostsee weitere Schätze preis: Als ein Taucher in der Nähe von Schleimünde nach einem verlorenen Schiffspropeller suchte, stieß er gleich auf sechs Enigmas. Er meldete den Fund an das Landesamt für Archäologie auf Schloss Gottorf in Schleswig.

Nach ersten Erkenntnissen wurden die Enigma-Maschinen nicht funktionstüchtig versenkt, sondern zumindest teilweise vorher unbrauchbar gemacht. Wie genau sie an den Fundort gelangten, ist unklar. Ein Zusammenhang mit den genannten Versenkungen der Marine erscheint auch aufgrund der örtlichen Nähe nicht unwahrscheinlich.

Das Salzwasser hat den Maschinen in all den Jahren stark zugesetzt. Sie werden gegenwärtig fachgerecht restauriert. Anschließend plant das Museum für Archäologie, die Enigmas im Rahmen einer Ausstellung der Öffentlichkeit zu präsentieren. Nach Ansicht von Experten ist davon auszugehen, dass sich noch zahlreiche Enigmas auf dem Grund der Ostsee befinden.

Enigma – ein streng gehütetes Geheimnis

Dass die Enigma-Chiffriermaschinen offenbar vorsätzlich zerstört wurden, verwundert wenig. Immerhin hatten die deutschen Funker im Zweiten Weltkrieg die klare Anweisung, dass die Chiffriermaschine im Falle der Gefahr in Feindeshand zu gelangen unbedingt zu zerstören sei.

Auch die Schlüsselunterlagen zur Nutzung der Enigma-Chiffriermaschinen durften keinesfalls in die Hände des Gegners fallen. Aus diesem Grund wurden sie zum Teil auf wasserlösliches Papier gedruckt, um eine Vernichtung zu erleichtern. Als zu groß wurde die Gefahr gesehen, dass die Alliierten Einblicke in die deutsche Kommunikation erhalten könnten. Immerhin kamen die unterschiedlichen Enigma-Modelle nicht nur bei Heer, Marine und Luftwaffe zum Einsatz, sondern auch bei Polizei, Geheimdiensten und verbündeten Ländern.

Enigma im Funkwagen einer Panzerdivision, 1941 [Bundesarchiv, Bild 146-2006-0188 / Lücke / CC-BY-SA 3.0]

Was die Deutschen nicht wussten: Den Engländern war es nach Vorarbeit von polnischen Experten gelungen, die Chiffriercodes der Enigma zu knacken. Die erfolgreiche Arbeit der Kryptologen in der streng geheimen Station X in Bletchley Park bei London wird heute als eines der wichtigsten Spionageoperationen überhaupt angesehen. Sie übte starken Einfluss auf den Kriegsverlauf aus.

Autor: Florian Schimikowski

Veröffentlicht am: 21.01.2021