Funkzellenabfrage: Transparenzoffensive der Berliner Justizverwaltung

Die Funkzellenabfrage ist seit Jahren ein beliebtes Instrument, um zu überprüfen, welche Handys sich in der Nähe eines Tatorts befunden haben. Nun haben Betroffene zum ersten Mal teilweise die Möglichkeit, darüber informiert zu werden.

Vor vier Jahren, im November 2014, stellte die Piraten-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus den Antrag, die Öffentlichkeit über die für Ermittlungen angestellten Funkzellenabfragen aufzuklären. Darin wurde ein Portal beschrieben, über das Bürger entsprechende Auskünfte per SMS erhalten können. Das Pilotprojekt der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung ist seit vergangener Woche freigeschaltet.

Datenschützer kritisieren Funkzellenabfrage

Die Funkzellenabfrage ist seit vielen Jahren ein beliebtes Ermittlungsinstrument. Mit ihrer Hilfe werden Handys abgefragt, die sich in derselben Funkzelle wie der Tatort befinden. Damit erhalten die Behörden ein ungefähres Bild des Personenkreises, der sich zum Zeitpunkt des Verbrechens in der unmittelbaren Nähe befand.

Für Datenschützer wirft diese Vorgehensweise das Problem auf, dass dabei jedes Mal auch die Daten von vielen Bürgern erfasst werden, die in keinem Zusammenhang zum Anlass der Überwachung stehen. Im Jahr 2017 fielen 60 Millionen Datensätze im Rahmen von 474 Abfragen an – etwas mehr als 125.000 pro Anlass. Sie enthalten Rufnummern und Verbindungsdaten Und geben so Einblicke in die Privatsphäre dieser Personen.

Häufig kritisiert wird diese Ermittlungsmaßnahme, weil der ursprüngliche Einsatzzweck zusehends verwässert. Eigentlich zur Aufklärung von schweren Straftaten gedacht, wird sie nun auch bei kleineren Delikten wie Wohnungseinbrüchen angewandt. Auf diesen Widerspruch wird kontinuierlich hingewiesen.

Klarheit für Betroffende

Wenigstens besteht nun für die unschuldigen Betroffenen der Funkzellenabfrage die Möglichkeit, sich ein wenig Klarheit zu verschaffen. Wer auf dem Portal des “Funkzellenabfragen-Transparenz-Systems” seine Handynummer eingibt erhält einen sechsstelligen Bestätigungscode, der auf der Website eingegeben werden muss. Damit ist man registriert – und es passiert erstmal nichts.

Benachrichtigungen werden aus Datenschutzgründen erst für Funkzellenabfragen verschickt, die nach der Registrierung auf dem neuen Portal erfolgt sind. Zudem muss die Anmeldung nach drei Monaten, ebenso aus Datenschutzgründen, wiederholt werden. So solle sichergestellt werden, dass die Informationen nur an den rechtmäßigen Anschlussinhaber gelangen.

Eventuell muss der interessierte Bürger jedoch noch länger warten. Erste Rückmeldungen aus dem neuen System sind nach Recherchen von Netzpolitik.org erst im Sommer 2019 zu erwarten. Bis dahin muss dann wohl auch die dritte Registrierung erfolgt sein. Ein Fall für wiederkehrende Erinnerungen im Kalender, wenn man es ernst meint.

Die Wartezeit bis in den Sommer 2019 erklärt sich übrigens aus der Tatsache, dass die Daten erst nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens, also bei Anklageerhebung oder Einstellung des Verfahrens, freigegeben werden. Im Falle von langwierigen Ermittlungen kann so eine Funkzellenabfrage durchaus länger dauern.

Kein Einblick in Arbeit der Geheimdienste

Nicht veröffentlicht werden an dieser Stelle leider die Daten der etwas spezielleren Funkzellenabfragen: Bundesnachrichtendienst, Bundesamt für Verfassungsschutz und Zoll bleiben bei diesem Verfahren außen vor. Obwohl sich auch Geheimdienste in jüngster Zeit zunehmend Transparent zeigen, vollzieht sich ihre Arbeit hier weiterhin im Dunkeln.


Bilder
Funkmast: Ulf Buermeyer [CC-BY-SA 4.0]
Funkzellenabfrage Berlin: Gemeinfrei, Simon/netzpolitik.org

Autor: Christoph Ewering

Veröffentlicht am: 27.11.2018