Veranstaltungsrückblick: Dunkle Welten – Beyond the Berlin Wall

Im Februar 2025 fand in Berlin die Welturaufführung der Dokumentation „Beyond the Berlin Wall – Reports from Stasi Prisoners” statt. Am 19. Juni 2025 gaben die beteiligten Produzenten und Zeitzeugen im Deutschen Spionagemuseum Einblicke in ihre Erlebnisse in den Stasi-Untersuchungshaftanstalten.

Eindringliche Dokumentation zu Stasi-Haftanstalten

Insgesamt betrieb die Stasi 17 eigene Haftanstalten, die somit nicht der Volkspolizei unterstanden. Die heutige Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen war wohl die berühmteste, dort waren insgesamt 450 Stasi-Mitarbeiter beschäftigt, bei einer Maximalbelegung von 250 Häftlingen.

Die Dokumentation Beyond the Berlin Wall – Reports from Stasi Prisoners behandelt in Zeitzeugeninterviews das Schicksal von drei ehemaligen politischen Gefangenen im Stasi-Verhörzentrum Hohenschönhausen. Die Geschichten von Edda Schönherz, Hans-Joachim (Akki) Lietsche und Matthias Leupold bieten eindrucksvolle und erschreckende Einblicke in die Arbeit des Unterdrückungssystems der Stasi.

Veranstaltung zur TV-Dokumentation Dunkle Welten

Fast alle saßen an diesem Abend auch auf dem Podium des Deutschen Spionagemuseums und trotz Biergartenwetters waren die Besuchersitze voll besetzt. Neben Matthias Leupold, sowohl ehemaliger Häftling als auch Produzent der Dokumentation, war Hans-Joachim Lietsche anwesend, nur Edda Schönherz wurde von ihrem Sohn vertreten. Als Moderator führte der Politologe Helmut Müller-Enbergs durch den Abend.

Ex-Häftlinge als Zeitzeugen im Deutschen Spionagemuseum

Besonders eindrucksvoll waren die Schilderungen der Zeitzeugen zu den harten Haftbedingungen. Alle schilderten vor allem die extreme Isolation als zermürbend. Kontakt mit anderen Häftlingen war untersagt, monatelang sah man nur das Wachpersonal und die Vernehmer. Angehörige und Freunde wussten oft nicht, wo sich die Häftlinge befanden. Selbst die Insassen wussten lange nicht, in welcher Haftanstalt sie saßen. Zum Teil erfuhren sie dies erst Jahre später aus der Lektüre ihrer Stasi-Akten.

Ohne die Möglichkeit einer Beschäftigung entwickelte sich eine psychisch-belastende Langeweile, gegen welche die Häftlinge mit kreativen Methoden ankämpften. So schilderte Hans-Joachim Lietsche, dass er sich aus Brotkrumen Schachfiguren bastelte, um mit ihnen spielen zu können. Unterbrochen wurden die Tage nur durch stundenlange Verhöre.

Dazu kam eine ständige Überwachung, die sich auch in die Nachtstunden ausdehnte. Alle drei Minuten erfolgte durch das Wachpersonal eine Kontrolle der Schlafhaltung, da man mit dem Gesicht zum Türspion liegen musste. Durch ein schepperndes Klappern der Türklappe, dass man im ganzen Flur hörte, wurden die Häftlinge auf eine falsche Schlafhaltung hingewiesen. An einen geregelten Schlaf war dabei kaum zu denken.

Auch die Familien gehörten zu den Opfern

Eine besondere Zeitzeugenperspektive, die so nicht im Film vorkam, waren die Kindheitserinnerungen des Sohns von Edda Schönherz. Im Alter von elf Jahren erlebte er, wie die Stasi in die Wohnung eindrang und die Mutter abführte. Über ein halbes Jahr hatte die Familie keine Kenntnis über den Aufenthaltsort der Mutter. Die gesamte Haftzeit über war der Kontakt mit der Mutter strikt verboten, erst drei Jahre später sah er seine Mutter wieder.

Veranstaltung zur TV-Dokumentation Dunkle Welten

Zum Glück nahmen sich die Großeltern der Kinder an, sonst wären sie zwangsadoptiert worden oder in eines der gefürchteten DDR-Kinderheime gekommen. Er selbst habe diese Erfahrungen viele Jahre verdrängt und sich erst im Alter von 40 Jahren mit der Mutter über ihren Erlebnisse auseinandergesetzt.

Alle Beteiligten machen mittlerweile Führungen in der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen und schildern Besuchern ihre Erlebnisse. Diese Auseinandersetzung helfe den Protagonisten auch bei der Verarbeitung der traumatischen Erlebnisse. Die Arbeit an der Dokumentation habe diese Aufarbeitung noch vertieft. Die Macher hoffen, dass so die Schrecken der Stasi-Haftanstalten einem noch größeren Publikum bewusst werden.


Autor: Florian Schimikowski

Veröffentlicht am: 26.06.2025