Propaganda und Fake News durch Geheimdienste – damals und heute

Bei Propagandamaßnahmen handelt es sich um zielgerichtete Aktionen, um die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Seit langem schon gehören derartige Operationen auch zum Repertoire von Nachrichtendiensten. Wie die folgenden Beispiele vergangener und aktueller Propaganda-Operationen zeigen, haben sich die Verbreitungswege in jüngster Zeit vervielfacht. In außergewöhnlichen Situationen kommen auch außergewöhnliche Verbreitungswege zum Einsatz.

Propagandagranaten und AIDS-Verschwörung

In der Dauerausstellung des Deutschen Spionagemuseums findet sich ein originales Propagandageschoß 41 aus dem Zweiten Weltkrieg. Es handelt sich um eine deutsche Granate, die nicht zum Töten eingesetzt wurde, sondern um gegnerische Soldaten zum Desertieren zu motivieren. Im Inneren befanden sich Flugblätter auf Russisch, welche die sowjetischen Soldaten von den Vorteilen der westlichen Lebensweise und der Niedertracht Stalins überzeugen sollten.

Propagandagranate 41 [Sammlung Deutsches Spionagemuseum]

Die Raketen wurden aus dem Propagandawerfer 41 verschossen und flogen 3200 m weit. Eine verzögerte Sprengladung öffnete nach 23-25 Sekunden in 100-150 m Höhe die Rakete in der Mitte. Die Flugblätter waren auf einer Feder gespannt, die sich sodann löste und die Flugblätter über das Zielgebiet verteilte. Jede Rakete fasste 3 Rollen mit je 100 Flugblättern. Den Vormarsch der sowjetischen Armee hat diese ungewöhnliche Propaganda-Aktion allerdings nicht beeinflusst.

Eine der berühmtesten Propaganda-Aktionen im Kalten Krieg startete das KGB Anfang der 1980er-Jahre mit dem Aufkommen der neuen Infektionskrankheit AIDS. In einer gezielten Desinformationskampagne stellte man die Behauptung auf, dass HI-Virus entstamme einem US-Militärforschungslabor in Fort Detrick. Bei Experimenten zur Eignung für eine biologische Kriegsführung sei das Virus aus dem US-Militärforschungslabor entwichen. Das Ziel der KGB-Operation war es, das internationale Ansehen der USA zu schädigen.

Fingierter Leserbrief zur AIDS-Verschwörung

In Fachartikeln und TV-Dokumentationen wurden die Falschinformationen in den folgenden Jahren international verbreitet. Die Fort Detrick-These fand international Anklang – vor allem in linkspolitischen Kreisen und in Afrika. In den 1990er-Jahren entlarvten übergelaufene KGB-Agenten die Desinformationskampagne als pure Erfindung.

Das digitale Zeitalter: Neue Verbreitungswege

Die Erstellung und Verbreitung von Propagandamaßnahmen mittels Artikel in Zeitschriften und Zeitungen oder über Fernsehformate gestaltete sich sehr aufwendig. Zudem dauerte es recht lange, bis sich die Informationen weiterverbreiteten. Vor allem in Hinsicht auf die Möglichkeit, Nachrichten über eine Vielzahl von Kanälen zu verbreiten, ohne dass die Informationen zuvor einer gewissenhaften Prüfung unterzogen werden, bietet die digitale Welt völlig neue Perspektiven für Propaganda.

Besonders beliebt zum Verbreiten von Propaganda sind sogenannte Bots. Dabei handelt es sich um automatisierte Accounts in sozialen Medien, die sich als menschliche Nutzer ausgeben. Diese Bots lassen sich leicht für politische Propaganda missbrauchen, in dem sie polarisierende Meinungen oder falsche Informationen verbreiten. Dazu können sie Kommentare verfassen, Freundschaftsanfragen versenden und Nachrichten anderer User retweeten.

Journalistische Recherchen und mehrere Studien deckten auf, dass eine russische Fake News-Kampagne mit Bots massiv in den US-Wahlkampf 2016 eingegriffen hatte. Mit Millionen von gefälschten Social Media-Einträgen wurde dabei die Reichweite der Botschaften von Donald Trump deutlich verstärkt. Die Bots verzerrten die Realität zugunsten Trumps: Auch nach wenig erfolgreichen TV-Duellen wirkte es auf Twitter so, als ob Trump gewonnen hätte – weil ein Drittel der Tweets maschinell erzeugt worden war. Allein auf Facebook gab es rund um die US-Wahl 470 nicht authentische Konten und Seiten.

Soziale Medien: Vielfältige Verbreitungsmöglichkeiten für Propaganda [Symbolbild]

Eine weitere moderne Variante zur Propaganda-Verbreitung sind sogenannte Troll-Accounts. Hinter diesen verbergen sich im Gegensatz zu Bots echte Menschen, bei den Accounts handelt es sich meist um erfundene Identitäten. Diese Accounts werden dafür bezahlt, über die sozialen Medien politische Botschaften zu verbreiten und Unruhe zu stiften.

Die russische Regierung betreibt ganze Troll-Fabriken, wie die Internet Research Agency (IRA). Die Aufgabe der dort Angestellten ist es, Desinformationskampagnen zu entwickeln und zu verbreiten. Das Ziel ist es, mit Schmutzkampagnen das Vertrauen der Menschen im Westen in ihre Politiker, Wissenschaftler und die Medien zu zerstören und so westliche Demokratien zu destabilisieren.

Propaganda und der Ukraine-Krieg

Wie wichtig Propaganda ist, zeigt sich ganz aktuell am Ukraine-Krieg. Mit gezielten Falschmeldungen und überzogenen Narrativen wurde die russische Bevölkerung bereits seit Jahren auf den Krieg vorbereitet. Der Grundtenor handelte dabei von einer nationalsozialistisch ausgerichteten ukrainischen Regierung, von der das Volk befreit werden müsse. Auf diese Weise sollte eine breite Zustimmung für den Krieg innerhalb der Bevölkerung aufgebaut werden.

Um ein Gegengewicht zur russischen Propaganda zu schaffen, wagt der britische Geheimdienst mehr Öffentlichkeit als bisher. Regelmäßig zeigt der Twitter-Kanal des britischen Verteidigungsministeriums so genannte Intelligence Updates zu aktuellen Entwicklungen im Krieg. Die Informationen dazu stammen vom britischen Militärgeheimdienst Defence Intelligence (DI).

Logo des DI

Experten zufolge ist zwar davon auszugehen, dass kriegsentscheidende Informationen hier ausgelassen werden. Dennoch hat sich diese Aktion positiv auf das Ansehen der Geheimdienste und damit auch der eigenen Regierung in der britischen Bevölkerung ausgewirkt und dadurch die Wirkung russischer Propaganda geschwächt.

Autor: Florian Schimikowski

Veröffentlicht am: 26.08.2022