Alle reden über’s Wetter, vor allem wenn Sturm „Xavier“ durch das Land fegt. In Berlin stand alles still, selbst die Feuerwehr warnte vor einem Besuch des Spionagemuseums, ja des Ganges auf die Straße allgemein. Der Auslandsnachrichtendienst BND trotzte dem Sturm und sorgte am 5. Oktober 2017 für einen unterhaltsamen Abend im Museum.
Mit Stürmen hatte eine Reisegruppe des Bundesnachrichtendienstes, die im Jahr 1956 auf Einladung der CIA die USA bereisten, wahrlich nicht zu kämpfen. Wohl aber mit einem Doppelspion des sowjetischen KGB: Heinz Felfe, Deckname „Hansen“.
Die Reise sollte die der Festigung der Beziehungen zwischen der CIA und dem BND dienen. Felfe musste dabei einige Schrecksekunden durchstehen. Ausgerechnet der Doppelagent wurde auserkoren, um am Lügendetektor getestet werden. Und ausgerechnet ihm machten Wetter und Reisestrapazen so zu schaffen, dass er beinahe entgegen den Ratschlägen seines KGB-Führungsoffiziers einen Arzt hätte aufsuchen müssen. Stattdessen brach er lieber die Reise ab, trat verfrüht den Heimweg an und berichtete anschließend dem KGB mehrere Hundert Seiten lang über seine Reise.
Jahre später wurde ihm seine Teilnahme an der wahrhaft luxuriösen Reise doch noch zum Verhängnis. Ein polnischer Überläufer hatte der CIA den Tipp gegeben, dass sich in der BND-Reisegruppe zwei Maulwürfe des KGB versteckt hatten. Felfe wurde enttarnt, saß jahrelang im Gefängnis und wurde schließlich in die DDR ausgetauscht.
Diese Zusammenhänge hat der Chef-Historiker des BND Dr. Bodo Hechelhammer in jahrelanger Detektivarbeit minutiös rekonstruiert. Zutage kam dabei neben außergewöhnlichen Geschichten auch ausführliches Bildmaterial. Die Ergebnisse der Recherche lassen sich im neu erschienenen Buch “Doppelagent Heinz Felfe entdeckt Amerika” nachlesen. Im Rahmen einer Sonderausstellung (Eintritt frei) sind sie bis zum 7. Januar 2018 im Deutschen Spionagemuseum zu sehen.
Zur Ausstellungseröffnung und Buchvorstellung sprachen Hechelhammer und der ehemalige Präsident des BND Gerhard Schindler über Felfe, Verrat, Spionage und transatlantische Geheimdienstbeziehungen. Auch ein aktueller Fall kam zur Sprache: Edward Snowden. Die Affäre Snowden, so die Einschätzung Schindlers, werde dabei niemals für einen vergleichbaren Imageschaden sorgen wie der Fall Felfe in den 1960er Jahren. Die Grundfesten der nachrichtendienstlichen Arbeit des BND stünden fest.
Sven-Felix Kellerhof moderierte die Veranstaltung wie üblich souverän. Mit den richtigen Fragen ermöglichte er den Spagat zwischen vergangener und heutiger Geheimdienst-Thematik. Trotz stürmischen Auftakts also ein rundum gelungener Abend. Das Deutsche Spionagemuseum begrüßt fortan bis zum 7. Januar 2018 täglich von 10 – 20 Uhr seine Gäste zusätzlich zum normalen Ausstellungsprogramm zur Fotoausstellung „Doppelagent Heinz Felfe entdeckt Amerika.“
Zur nächsten Veranstaltung im Deutschen Spionagemuseum begrüßen wir den Sohn des CIA-Piloten Francis Gary Powers, der 1962 auf der Glienicker Brücke in Berlin ausgetauscht wurde. Francis Gary Powers Jr. hat es sich zum Lebensinhalt gemacht, der Nachwelt das Andenken an diesen bewegenden Moment des Kalten Krieges zu bewahren.
Autor: Florian Schimikowski
Veröffentlicht am: 10.10.2017