Rückblick: Die internationale Zusammenarbeit des MfS

Das Ministerium für Staatssicherheit, kurz MfS oder Stasi, war eine deutsche Geheimpolizei und ein Repressionsmittel der SED-Diktatur. Doch was machte das MfS in befreundeten Ländern, wie gestaltete sich die Zusammenarbeit mit ihren „Bruderorganen“ und welche Spezifika traten dabei in den jeweiligen Ländern auf?

Internationale Expertenrunde im Deutschen Spionagemuseum

Diesen bislang von der Forschung weitestgehend vernachlässigten Fragen ging am 6. April 2017 eine internationale Expertenrunde im Deutschen Spionagemuseum nach. Dr. Douglas Selvage, ehemals Historiker im US-Außenministerium und jetziger Projektleiter beim BStU, spezialisierte sich dabei auf den sowjetischen KGB.

Die sowjetische Geheimpolizei stand als Geburtshelfer am Ursprung aller sozialistischen Staatssicherheitsdienste, baute diese auf und formte sie nach ihren Vorstellungen. Obgleich sich auch das MfS in den 1960er und 1970er Jahren ein gewisses Maß an Autonomie erarbeitete, behielt der KGB doch stets Zugänge zu allen Ebenen der Stasi. Der KGB nahm Einfluss, warb eigene Inoffizielle Mitarbeiter (IM) an und erhielt alle wesentlichen Informationen. Ein gänzlich unbeleuchteter Punkt war bislang auch die Spionage, die das KGB in und gegen die DDR betrieb.

Ausspähen unter sozialistischen Freunden

In eine ähnliche Richtung gehen auch die Forschungsergebnisse von Dr. Tytus Jaskulowski der TU Chemnitz. Seine Arbeiten zum Verhältnis zwischen dem MfS und Polen gewannen 2014 einen Preis als beste historische Arbeit Polens. Dabei zeigte sich, dass die Stasi mehr gegen als mit ihren polnischen Kollegen arbeitete. Das galt nicht erst seit den Solidarnosc-Krisen der 1980er Jahren, als man in Polen eigene Agenten warb und Informationen sammelte. Ein „Ausspähen unter Freunden“ – das ging auch unter sozialistischen Brüdern!  

Dr. Georg Herbstritt, ebenfalls aus der Forschungsabteilung des BStU, berichtete von einer entzweiten Freundschaft des MfS zu Rumänien und der Securitate. Wo man in den 1950er Jahren z.B. noch bei Entführungen von rumänischen Oppositionellen in Deutschland zusammenarbeitete, bedeutete die rumänische Abkehr von der Sowjetunion in den 1960er Jahren eine lange Funkstille. Selbst spontane Besuche des Leiters der rumänischen Auslandsaufklärung, der in den 1970er Jahren unangekündigt in der Ost-Berliner Normannenstraße vor der Tür stand, konnten daran nichts ändern.

Dr. Christopher Nehring, wissenschaftlicher Leiter im Deutschen Spionagemuseum, beleuchtete abschließend die Beziehungen des MfS zu seinem kleinsten „Bruder“ in Bulgarien. Eng und freundschaftlich gingen beide miteinander um und konzentrierten sich dabei auf einige Bereiche, in denen sich ihre Interessen überschnitten und niemand die Konkurrenz des anderen fürchten musste. Ihre Konflikte konnten sie ausräumen, arbeiteten nicht gegeneinander und blieben doch bis zu guter Letzt nur mit begrenzter Bedeutung füreinander.

Diesem Kapitel der deutsch-bulgarischen Geschichte widmet sich vertiefend eine weitere Veranstaltung des Deutschen Spionagemuseums: Am Dienstag, 9. Mai 2017, stellt Dr. Christopher Nehring in Zusammenarbeit mit der BStU seine Forschungsergebnisse zur Frage von DDR-Fluchten in Bulgarien und die Rolle der beiden Staatssicherheitsdienste dabei vor.


In der nächsten Veranstaltung des Deutschen Spionagemuseums am 25. April 2017 um 19:00 Uhr präsentiert der Sammler und Spezialist für Nachrichtendiensttechnik, Detlev Vreisleben, außergewöhnliche Agenten-Gadgets: die Werkzeuge der Spione.

Autor: Christoph Ewering

Veröffentlicht am: 10.04.2017