Dänischer Spionageskandal: NSA-FE-Kooperation im europäischen Norden

In den letzten Tagen gaben neue Enthüllungen weitere Einblicke in die weltumspannenden Operationen der amerikanischen NSA. Im Fokus steht diesmal der dänische Auslandsnachrichtendienst FE und seine Spionageaktivitäten. Im Auftrag der NSA hat der FE jahrelang verbündete europäische Länder ausspioniert – auch Deutschland. Einblicke in die Arbeit eines Nachrichtendienstes, den bisher außer der Fachwelt nur wenige Personen gekannt haben dürften.

Militär- und Auslandsspionage unter einem Dach vereint

Der 1950 gegründete FE ist eine Geheimdienst-Konstruktion, die es so nur in wenigen Ländern gibt. Er nimmt zeitgleich die Aufgaben eines Auslandsnachrichtendienstes als auch eines militärischen Nachrichtendienstes wahr. Das Kürzel FE steht dabei für Forsvarets Efterretningstjeneste (dt: Verteidigungsnachrichtendienst). Als Nachrichtendienst ist der FE dem dänischen Verteidigungsministerium unterstellt, sein Hauptsitz liegt in Kopenhagen. Neben dem FE gibt es noch den dänischen Inlandsgeheimdienst PET (Politiets Efterretningstjeneste, dt. Polizeinachrichtendienst) mit Sitz in Søborg, der dem Justizministerium unterstellt ist.

Logo des FE [Skjoldbro, CC BY-SA 4.0]

Der aktuelle Fall: Spionage unter Nachbarn und Freunden

Die gegenwärtigen Enthüllungen gehen auf Recherchen des dänischen öffentlich-rechtlichen Rundfunks DR zurück, die in Kooperation mit europäischen Medienpartnern ausgeführt wurden. Demnach hat der FE die NSA tatkräftig dabei unterstützt, europäische Politiker auszuspionieren. Betroffen waren Politiker aus Schweden, Norwegen, Frankreich, den Niederlanden und auch Deutschland. Hierzulande gehörten unter anderem Angela Merkel und Frank-Walter Steinmeier zu den Zielobjekten.

Fest steht bisher, dass die Abhöraktionen zwischen 2012 und 2014 stattfanden. Möglich wurde die Spionage, da vor der dänischen Küste Unterseekabel verlaufen, die einen wichtigen Internetknotenpunkt für den europäischen Datenverkehr darstellen. Dem FE gelang über die südlich von Kopenhagen gelegene Abhörstation Sandagergård der Zugang zu diesen Daten. Diese leitete der dänische Nachrichtendienst an die NSA weiter. Es handelt sich dabei unter anderem um SMS, Telefonanrufe, Chats sowie Inhalte aus Messengerdiensten.

Das Kastell von Kopenhagen, unter anderem der Hauptsitz des FE [Bob Collowan, CC BY-SA 4.0]

Immer wieder kann die NSA als einer der mächtigsten Geheimdienste weltweit auf die Kooperation „kleinerer“ Dienste zurückgreifen, die der Aussicht auf Informationen aus dem NSA-Netzwerk oder moderner Spionage-Technik nur schwer widerstehen können. Wie 2015 bekannt wurde, gehört in die Reihe solcher willigen Spionagehelfer auch der deutsche BND.

Rechtswidrige Operationen des dänischen Auslandsgeheimdienstes

Es ist nicht das erste Mal, dass der dänische Auslandsnachrichtendienst wegen dubioser Praktiken Negativ-Schlagzeilen macht. 2017 wurde bekannt, dass der FE auch gegen die eigene Bevölkerung spionierte. Dabei wurden zum Teil Daten von Personen in Dänemark gespeichert, ohne dass eine notwendige gerichtliche Genehmigung vorlag. Im August 2020 enthüllten Whistleblower zudem, dass der FE mit Hilfe des NSA-Spionageprogramms XKeyscore dänische Behörden wie das Außenministerium und das Finanzministerium ausspioniert hatte.

Die Spitzenpolitiker der betroffenen Länder zeigen sich aufgrund der nun offenbarten Spionageaktivitäten des dänischen Nachbarn entrüstet. Sowohl Frankreichs Präsident Macron als auch Bundeskanzlerin Merkel nannten das Vorgehen „nicht akzeptabel“. Während sich die Regierung in Kopenhagen noch recht bedeckt hält und bisher lediglich grundsätzlich Spionageoperationen gegen Verbündete kritisiert, fordern einige dänische Politiker und Bürgerrechtler rasche Konsequenzen und eine Verschärfung der Geheimdienstaufsicht in Dänemark.

Autor: Florian Schimikowski

Veröffentlicht am: 01.06.2021