Der größte Skandal des jungen BND: Vor 56 Jahren wurde Heinz Felfe verhaftet

Doppelagenten sind der Alptraum jedes Geheimdienstes. Sie schaden immer zweimal, einerseits durch ihren Geheimnisverrat an den Gegner und zudem durch den Imageschaden bei ihrer Enttarnung.

Am 6. November 1961 wurde der bis dahin größte Doppelagent der noch jungen Bundesrepublik Deutschland verhaftet. Heinz Felfe, Deckname „Friesen“, trat den ersten großen Skandal um den deutschen Bundesnachrichtendienst (BND) los.

BND-Agent Felfe war von Anfang an dabei

Der deutsche Auslandsnachrichtendienst BND begann nach dem 2. Weltkrieg als geheime Operation der US Army und der CIA zur Spionage gegen die Sowjetunion. Bis 1956 unterstand der Geheimdienst amerikanischer Oberhoheit und wurde dann in die Obhut der Bundesregierung übergeben. Von Anfang an mit dabei war der Dresdner Feinmechaniker Heinz Felfe (1918–2008).

Felfe war im Dritten Reich als Personenschützer im Reichssicherheitshauptamt zum Kriminalpolizist ausgebildet worden. Er kam dann zum Nachrichtendienst der NSDAP, dem Sicherheitsdienst (SD) und der SS. In britischer Kriegsgefangenschaft wurde er zum V-Mann des britischen Auslandsgeheimdienstes MI6. Bereits 1950 wurde er vom sowjetischen Geheimdienst KGB als Doppelagent „überworben“.

Nur ein Jahr später warb ihn auch der BND-Vorläufer Organisation Gehlen an. Dort stieg er, vor allem dank der von Moskau zur Verfügung gestellten Informationen (Spielmaterial), bald zum Leiter der Abteilung Gegenspionage auf. Hier war er also, direkt in der Schaltzentrale des Gegners. In dieser Zeit soll Felfe über 94 V-Männer des BND und 100 CIA-Agenten verraten haben.

Fotoausstellung im Deutschen Spionagemuseum

Von dieser harten Arbeit brauchte Felfe natürlich auch ab und an Erholung. So nahm er, wie die Fotoausstellung „Doppelagent Heinz Felfe entdeckt Amerika“ im Deutschen Spionagemuseum derzeit eindrücklich dokumentiert, unter anderem an einem streng geheimen Reiseprogramm der CIA für leitende deutsche Geheimdienstler teil.

Eine Schrecksekunde gab es, als die amerikanischen Kollegen die Funktion ihres neuesten Lügendetektors ausgerechnet an Felfe demonstrieren wollten. Geschickt wand sich Felfe aus der Situation, ebenso wie er verfrüht die Heimreise antrat, nachdem eine allergische Reaktion eine medikamentöse Behandlung erforderlich machte. Felfe fürchtete, bei einer Behandlung durch amerikanische Ärzte unter Medikamenteneinfluss sein Geheimnis zu verraten.

USA-Reise wurde zum Verhängnis

Obgleich er also gleich zweimal der drohenden Enttarnung entkam, wurde ihm seine Teilnahme an dem Reiseprogramm doch noch zum Verhängnis. Der polnische Agent Michael Goleniewski (1922–1993) berichtete ab 1958 der CIA unter dem Codenamen „Heckenschütz“ und lief 1960 ganz über.

Eine seiner Informationen lautete: In der BND-Reisegruppe von 1956 befanden sich zwei KGB-Spione. Der Kreis der Verdächtigen war klein. Die CIA ermittelte gegen Felfe und informierte den BND.

Bis Ende 1961 gelang es einer BND-Untersuchungsgruppe neben Heinz Felfe auch seinen BND-Kollegen Hans Clemens als KGB-Doppelagenten zu enttarnen. Beide wurden am 6. November 1961 verhaftet und die Bundesrepublik hatte ihren ersten handfesten Geheimdienstskandal: Ein ehemaliges Mitglied der SS, Leiter der Gegenspionage der Bundesrepublik Deutschland, spionierte seit Kriegsende für die Sowjetunion.

Für Felfe selbst ging seine Enttarnung vergleichsweise glimpflich aus. Zwar wurde er zu 13 Jahren Haft verurteilt, bereits 1969 jedoch gegen politische Häftlinge in die DDR ausgetauscht und war wieder frei. Den Rest seines Lebens verbrachte er in Berlin, wo er bis zum Untergang der DDR als Professor für Kriminalistik an der Humboldt-Universität lehrte. 1986 veröffentlichte er seine Memoiren unter dem Titel “Im Dienst des Gegners”. Im Mai 2008 verstarb er in Berlin.


Bilder
Buchcover “Im Dienst des Gegners”: Verlag Rasch und Röhring, 1990
SPIEGEL-Titelbild: Ausgabe 29/1963

Autor: Florian Schimikowski

Veröffentlicht am: 06.11.2017