Die Enigma-Maschine ist wohl die berühmteste Chiffriermaschine des 20. Jahrhunderts. Während des Zweiten Weltkriegs diente sie der deutschen Wehrmacht zur Verschlüsselung militärischer Nachrichten. Ihr Name, vom griechischen Wort für „Rätsel“ abgeleitet, ist bis heute ein Synonym für geheimnisvolle Technologie und spektakuläre Spionagegeschichten. Die Entschlüsselung des Enigma-Codes gilt als einer der größten nachrichtendienstlichen Erfolge der Alliierten.
Zwei Enigmas des meist genutzten Modells – der Enigma I – können als Originale im Deutschen Spionagemuseum in allen Details bestaunt werden.
Ursprünglich als kommerzielles Produkt konzipiert, stellte der deutsche Ingenieur Arthur Scherbius 1918 die erste Version einer Rotor-Chiffriermaschine vor, die ab 1923 in verschiedenen Versionen unter dem Markennamen Enigma vertrieben wurde. Sie sollte Unternehmen eine sichere Kommunikation ermöglichen.
Zuerst war das deutsche Militär skeptisch, begann aber ab 1926 testweise damit, Enigmas zu nutzen. Da die Tests zufriedenstellend verliefen, begann die Entwicklung militärischer Enima-Modelle. Die Enigma wurde zum Geheimprojekt und nicht mehr offen kommerziell angeboten.
Die militärische Enigma wurde in verschiedenen Varianten produziert, darunter:
Das Herzstück der Enigma ist ihr Rotorprinzip. Die technischen Hauptbestandteile der Maschine:
Wird eine Taste gedrückt, schließt sich ein elektrischer Stromkreis, der durch die Rotoren geleitet wird. Dabei wird der Buchstabe mehrfach umgewandelt, bis er als Leuchtbuchstabe im Lampenfeld erscheint. Nach jedem Tastendruck verändern sich die Rotorstellungen automatisch. Damit ändert sich auch der Stromkreis der Chiffriermaschine, sodass jeder Buchstabe, sogar derselbe Buchstabe bei erneutem Drücken, anders verschlüsselt wird.
Die Kombination aus Rotorstellung, Umkehrwalze und Steckbrettschaltung ergab astronomisch viele mögliche Schlüssel. Um mit der Enigma zu kommunizieren, benötigten beide Gesprächspartner das identische Enigma-Modell und die geheimen Schlüsselunterlagen. Diese beinhalteten die Anweisungen für die täglich wechselnden Einstellungen der Enigma: die Auswahl und Platzierung der Rotoren sowie die Lage der Steckerverbindungen.
Der Sender verschlüsselte die Nachricht mit der Enigma und schrieb die verschlüsselten Buchstaben auf. Anschließend funkte er die Nachricht per Funkgerät an den Empfänger. Sobald dieser die verschlüsselte Nachricht in eine identisch eingestellte Enigma eingab, erscheinen die Buchstaben auf der Leuchtanzeige unverschlüsselt.
Die Deutschen hielten die Enigma für praktisch unknackbar. Selbst beim Verlust eines Geräts ließen sich ohne die Schlüsselunterlagen, welche zudem nur einen kurzen Zeitraum gültig waren, keine Nachrichten lesen. Doch die vermeintliche Sicherheit war trügerisch: Wiederholungen und Standardphrasen, menschliche Nachlässigkeit, sowie erbeutete Schlüsselunterlagen und Chiffriergeräte eröffneten Lücken, die Kryptoanalytiker nutzen konnten.
Bereits in den 1930er-Jahren gelang es polnischen Mathematikern wie Marian Rejewski, Jerzy Różycki und Henryk Zygalski, erste Enigma-Codes zu rekonstruieren. Sie entwickelten die Bomba kryptologiczna, eine frühe Entschlüsselungsmaschine. Nach der Besetzung Polens 1939 übergaben die Polen ihre Erkenntnisse an Frankreich und Großbritannien.
Die polnische Entschlüsselungsmaschine konnte da allerdings schon keine Enigma-Codes mehr knacken, weil die Deutschen ihre Enigma-Modelle verändert hatten. Aber die grundsätzlichen Erkenntnisse zum Enigma-Verschlüsselungsmechanismus, die in die Bomba eingeflossen waren, erwiesen sich für die britischen Codeknacker als sehr wertvoll.
In einer hochgeheimen britischen Militärstation im Bletchley Park nahe London setzten Kryptologen wie Alan Turing und Gordon Welchman diese Arbeit fort. Sie entwickelten die britische Bombe, die auf den polnischen Ideen basierte, aber deutlich leistungsfähiger war. Schließlich wurden die Bombs mit technischer Unterstützung der USA perfektioniert.
Mit Hilfe der Bombs gelang es den Alliierten, täglich Tausende deutscher Nachrichten mitzulesen – ein entscheidender Vorteil im Krieg und insbesondere bei der Bekämpfung der deutschen U-Boote im Atlantik. Historiker gehen davon aus, dass diese Entschlüsselungen den Krieg deutlich verkürzten.
Lange blieb der Erfolg der Codeknacker von Bletchley Park geheim. Erst Jahrzehnte später wurde bekannt, wie entscheidend die Entzifferung der Enigma für den Kriegsverlauf war. Alan Turings Beitrag war bedeutend, doch sein eigentlicher Verdienst für die Informatik lag in seiner theoretischen Arbeit von 1936 („On Computable Numbers“). In Kombination mit den Entwicklungen rund um Colossus, Zuses Z3 und weiteren Pionierleistungen ebnete dies den Weg zum modernen Computer.
Die Enigma-Maschine steht sinnbildlich für das Zusammenspiel von Technik, Geheimhaltung und menschlicher Genialität. Was als scheinbar unknackbares Verschlüsselungssystem begann, wurde durch analytisches Denken, internationale Zusammenarbeit und technologische Kreativität überwunden.
Im Deutschen Spionagemuseum in Berlin sind zwei originale Modelle der Enigma I ausgestellt, dem meistgenutzten Enigma-Modell der Wehrmacht.
Das vollständig erhaltene Exemplar war beim deutschen Heer im Einsatz und wiegt etwa 12 Kilogramm. Das zweite Modell stammt aus einem Bodenfund: Es wurde 2012 bei Bauarbeiten in Streganz südöstlich von Berlin entdeckt, wo es etwa 60 Jahre im Erdreich gelegen hatte. Dennoch sind alle Einzelteile wie Rotoren und sogar Steckkabel noch erhalten.
Im Deckel des Enigma-Koffers befanden sich Hinweise für den täglichen Gebrauch. Sie enthielten keine geheimen Informationen, sondern betonten vor allem die Pflegepflicht: Regelmäßiges Reinigen war notwendig, um Kontaktprobleme und Übertragungsfehler zu vermeiden.
Die Entschlüsselung der Enigma gelang trotz dieser Vorsichtsmaßnahmen – durch brillante Mathematiker wie Marian Rejewski und Alan Turing, die systematisch menschliche Fehler und strukturelle Schwächen im Einsatz der Maschine ausnutzten.
Wer hat Enigma entschlüsselt?
Die Entschlüsselung gelang zuerst den polnischen Mathematikern um Marian Rejewski, später setzten britische Kryptologen in Bletchley Park wie Alan Turing, Gordon Welchman und viele andere ihre Arbeit fort und brachen die Enigma systematisch.
Wer hat Enigma erfunden?
Die Enigma wurde 1918 vom deutschen Ingenieur Arthur Scherbius erfunden und zuerst als kommerzielle Chiffriermaschine für Unternehmen vorgestellt.
Hat das Knacken der Enigma den Krieg entschieden?
Nicht allein, aber die Entschlüsselung der Enigma-Codes verschaffte den Alliierten einen erheblichen Vorteil und verkürzte den Zweiten Weltkrieg nach Schätzungen von Historikern um bis zu mehrere Jahre.