Sehenswürdigkeiten

Die Berliner Spionage-Tour

Berlin als Hauptstadt der Spione ist reich an historischen Orten zum Thema Spionage. Die Stadt hat Sehenswürdigkeiten zu bieten, die weltweit einmalig sind: Legendäre Spionageanlagen, imposante Niederlassungen von Geheimdiensten sowie unzählige Orte, an denen es zu Spionageaktionen wie Observationen, Entführungen und auch Agentenaustauschen kam. Einen Überblick soll diese Stadtführung bieten. Die verschiedenen Reisetipps führen Sie zu bekannten als auch unbekannteren Orten, die man bei einer Berliner Spionage-Tour auf keinen Fall verpassen sollte. Ein Sightseeing der ganz besonderen Art.

Die interaktive SpyMap im Deutschen Spionagemuseum

Die technischen Anlagen der Geheimdienste

Vor allem für die westlichen Geheimdienste bot das geteilte Berlin eine ideale Operationsbasis, um mit technischen Mitteln in den Osten zu lauschen. Das bis heute weithin sichtbare Symbol für die Spionagetätigkeiten seitens des Westens ist die Ruine der Abhörstation auf dem Teufelsberg. Der 120 Meter hohe Berg im Ortsteil Grunewald entstand durch die Ablagerung von Kriegstrümmern nach dem Zweiten Weltkrieg. Ab den 1960er Jahren wurde der Berg zuerst mit mobilem Equipment und schließlich mit festen Gebäuden als Horchstation ausgebaut. Errichtet und ausgerüstet wurde die unter dem Namen Field Station Berlin geführte Anlage von den Amerikanern. Die Briten, in deren Sektor der Teufelsberg lag, durften die Field Station mitbenutzen – also eine anglo-amerikanische Spionage-Kooperation.

Bis zum Ende des Kalten Krieges waren dort bis zu 1500 Personen ausgestattet mit modernster Technik Tag und Nacht im Einsatz. Es verwundert also wenig, dass Stasi und KGB herausfinden wollte, was sich in der streng bewachten Field Station abspielte. Neben der äußeren Observation, die unter anderem mit Hubschrauberflügen durchgeführt wurde, gelang es schließlich sogar, durch einen Agenten zeitweise direkten Zugang zur Anlage zu erhalten – der Teufelsberg ist also ein Beispiel für Spionage im doppelten Sinne. Welche Technik seitens der Amerikaner im Detail zum Einsatz kam und welche Informationen gesammelt wurden, unterliegt bis heute der Geheimhaltung. Obwohl die Anlage nach dem Ende des Kalten Krieges von Amerikanern und Briten verlassen wurde, ranken sich noch immer vielen Ungereimtheiten um diesen exponierten Spionagevorposten. Einen Einblick in den Arbeitsalltag auf dem Teufelsberg bietet das Zeitzeugeninterview mit Christopher McLarren im Deutschen Spionagemuseum. Der Amerikaner war als Nachrichtenanalytiker in den 1970er-Jahren in der Field Station Berlin tätig. Heute ist die Anlage als Ruine gegen ein Eintrittsgeld zugänglich und bietet einen spektakulären Ausblick auf Berlin.

In Berlin gab es zudem weitere Anlagen, die mit dem Horchposten auf dem Teufelsberg interagierten – in Marienfelde und auf dem Gelände des Flughafens Tempelhof. Während von der Spionagestation in Marienfelde heute nichts mehr vorhanden ist, sind die Gebäude des Flughafens nach wie vor erhalten. Spezialeinheiten der US Air Force installierten dort im Kalten Krieg Antennenanlagen mit dem Ziel, weit in den Osten hinzuhorchen. Bis heute gut sichtbar ist der 74 Meter hohe Radar-Turm zur militärischen Luftüberwachung. Damit ließen sich Flugbewegungen in einem Umfeld von 350 km erfassen. Verschiedene Führungen bieten heute einen Einblick in die vielfältige Geschichte dieses Ortes.

Teufelsberg - Foto Axel Mauruszat

Abhörstation auf dem Teufelsberg

Die Wege der Agenten

Neben dem Teufelsberg ist die Glienicker Brücke wohl das berühmteste Bauwerk, dass die Spionage-Geschichte Berlins repräsentiert. Schon vor Steven Spielbergs »Bridge of Spies« war die Brücke als Schauplatz von Agentenaustauschen weltbekannt. Wer jetzt denkt, dass ständig Agenten über die Brücke flanierten, täuscht sich: Nur dreimal – 1961, 1985 und 1986 – fanden diese Austausche statt, vor allem die letzteren von einem riesigen internationalen Presseaufgebot begleitet. Gerade das machte diese Aktion zu besonders, den normalerweise vollziehen sich ähnliche Absprachen unter Geheimdiensten, von denen es auch im Kalten Krieg noch deutlich mehr gab, unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Heute ist die Agentenbrücke frei passierbar, nur eine Markierung in der Mitte deutet auf die einstige Grenze hin.

Es gibt einen Ort, an dem Agentenübertritte in den generischen Machtbereich deutlich häufiger stattfanden als auf der Glienicker Brücke: am Bahnhof Friedrichstraße. An dieser DDR-Grenzübergangsstelle befand sich eine der am häufigsten genutzten Agentenschleusen der Stasi. Die normalen Ausreisenden mussten sich im »Tränenpalast«, wie die dortige Ausreisehalle umgangssprachlich genannt wurde, einem oftmals schikanösen Prozedere unterziehen. An diese Episode erinnert heute an gleicher Stelle eine permanente Ausstellung. Für Agenten entstanden am Bahnhof Friedrichstraße im Laufe der Jahre mehrere Geheimschleusen, um die Grenze zu überwinden. Berühmte Nutzer der Agentenschleuse waren zum Beispiel Karl-Heinz Kurras, Berliner Polizist, Todesschütze von Benno Ohnesorg und Stasi-Informant. Oder Stasi-Offizier Werner Stiller, der 1979 mit hochgeheimen Stasi-Unterlagen in den Westen floh und in der Folge den westlichen Geheimdiensten die streng gehütete Identität seines Chefs, Markus Wolf, verriet.

Die Wege der Agenten lassen sich im Deutschen Spionagemuseum auf der interaktiven SpyMap entdecken. Mit einem Monitor wählt der Besucher sich den Themenbereich aus der Berliner Geschichte aus, der ihn interessiert. Die Inhalte werden dann kartographisch animiert und unterlegt von knappen Erläuterungen sowie original Foto- und Filmmaterial auf eine 5×3 Meter hohe Leinwand projiziert.

Die Glienicker Brücke – berühmter Schauplatz der Agentenaustausche

Die Niederlassungen der Geheimdienste

Eine Spionage-Tour durch Berlin ist nicht komplett, ohne die Niederlassungen der Geheimdienste zu besichtigen. Von dort aus ergingen einerseits die organisatorischen Befehle, wer wo und womit auszuspionieren ist. Zudem wurden hier auch oft die gesammelten Informationen ausgewertet und archiviert.Unverzichtbar für jedes Spionage-Sightseeing: Die Stasi-Zentrale in der Normannenstraße. Hier in Berlin-Lichtenberg hatte das Ministerium für Staatssicherheit ihren Hauptsitz, der einen ganzen Häuserkomplex umfasste. Besonders interessant ist das 1960/61 errichtete Haus 1 – der Dienstsitz von Minister Erich Mielke. An diesem Ort saßen alle zentralen Führungsabteilungen der Stasi und hier wurden die relevanten Entscheidungen getroffen, welche Spionage-Maßnahmen erfolgen sollten. Auch die Abteilung für die Auslandsspionage der DDR, die Hauptverwaltung Aufklärung (HVA), hatte ihren Sitz auf dem Gelände, im Haus 15. Berühmt wurde die HVA unter anderem durch den Kanzleramtsspion Günter Guillaume und ihren langjährigen Leiter, Markus Wolf, der für die westlichen Geheimdienste bis zu seiner bereits erwähnten Enttarnung 1979 als »Mann ohne Gesicht« galt.

Als Symbol für die Repression innerhalb der DDR traf die Stasi-Zentrale der Volks-Zorn im Zuge der Wende besonders heftig. Am 15. Januar 1990 wurde sie von Demonstranten gestürmt. Heute befindet sich im Haus 1 das Stasi-Museum und die Forschungs- und Gedenkstätte Normannenstraße. Auch das Zentrale Archiv der Stasiunterlagen-Behörde (BStU) liegt auf dem Gelände der ehemaligen Stasi-Zentrale.

Neben der Normannenstraße gibt es einen weiteren Komplex, den die Stasi vielseitig nutzte: das Sperrgebiet Hohenschönhausen. Hier befand sich nicht nur das Zentralgefängnis der Stasi, heute die Gedenkstätte Hohenschönhausen, sondern auch ein Standort des Operativ-Technischen Sektors (OTS). In dieser Spezialabteilung konstruierten Experten die nötige Geheimdiensttechnik, mit denen Agenten dann Informationen verdeckt sammeln und unbemerkt schmuggeln konnten. Dort entstanden also die technischen Grundlagen für die Geheimdienstarbeit der Stasi. Zahlreiche der vom OTS entwickelten Spionage-Geräte sind in der Sammlung des Deutschen-Spionagemuseums zu sehen.

Der Ortsteil Karlshorst (Bezirk Lichtenberg) in der Zwieseler Straße birgt einen weiteren geschichtsträchtigen Ort: Im Offizierskasino der Festungspionierschule endete am 9. Mai 1945 mit der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht der Zweite Weltkrieg. Danach saß hier bis 1949 das Hauptquartier der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD) und in der Folge bis 1991 die weltweit größte Niederlassung des sowjetischen Geheimdienstes KGB außerhalb der Sowjetunion. Heute werden große Teile des denkmalgeschützten Geländes zu Wohnzwecken genutzt und das dortige Deutsch-Russische Museum Berlin-Karlshorst setzt sich mit den deutsch-russischen Beziehungen seit 1945 auseinander.

Da Berlin auch heute noch die Hauptstadt der Spione ist, endet die Tour nicht bei einem Gebäude der Vergangenheit, sondern in der Gegenwart: am neuen Hauptsitz des Bundesnachrichtendienstes (BND) in der Chausseestraße in Berlin-Mitte. Seit 2006 wird an dem Gebäudekomplex auf dem 260.000 m² großen Gelände gebaut. Das Gebäude ist durch spezielle Fenster blick- und abhörsicher und so gegen Spionage von außen geschützt. Die ersten Mitarbeiter sind bereits eingezogen, am Ende werden dort 4000 Personen tätig sein.

Zudem finden sich in den zahlreichen Botschaften in der Bundeshauptstadt häufig auch die Dependancen der landeszugehörigen Geheimdienste. Experten vermuten, dass sich in der Architektur diverser Botschaftsgebäude Spionagetechnik versteckt. Früher wie heute dienen Botschaften als Ausgangspunkt zahlreicher Spionageaktivitäten. Die Geschichte der Spionage in Berlin ist also noch längst nicht zu Ende erzählt…

Stasi Zentrale in der Normannenstraße2

Haus 1 – Dienstsitz von Erich Mielke3

Die Zentrale des BND4

Die Fassade der BND-Zentrale mit »Palme« und blickdichten Fenstern5

1Foto Teufelsberg: Axel Mauruszat
2Foto Normannenstraße: Andreas Praefcke
3Foto Normannenstraße: Bettenburg
4Foto BND-Zentrale: deGrahn
5Foto BND-Zentrale: Andi Weiland