Rückblick: Polen und die Stasi. Kooperationsveranstaltung mit dem Polnischen Institut Berlin

Am 4. Juni 1989 fanden die ersten (halb-)freien Wahlen in der damaligen Volksrepublik Polen statt. Dieser historische Tag jährte sich nun zum 30. Mal – ebenso wie der Fall der Berliner Mauer im November. Sowohl die Bundesrepublik Deutschland als auch die DDR pflegten eine historisch bedingte „besondere Beziehung“ zu ihrem Nachbarn im Osten.

Anlässlich der deutschen Verbrechen des Zweiten Weltkriegs war eine Freundschaft der DDR-Kommunisten mit ihren polnischen Genossen fast schon verpflichtend. Doch diese „Freundschaft“ hatte auch dunkle Seiten, manchmal sogar eine versteckte Feindschaft. So zum Beispiel zwischen den beiden Geheimpolizeien, dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS) der DDR und dem polnischen Innenministerium (MSW).

Falsche Freundschaft unter Geheimdiensten

Über diese Freundschaft, die es nicht gab, sprach am 30. Jahrestag der Wahlen von 1989 Dr. Tytus Jaskulowski mit dem Journalisten Arkadiusz Luba im Deutschen Spionagemuseum. Der DDR-Bürgerrechtler Wolfgang Templin, der an den Ereignissen des Jahres 1989 in beiden Ländern teilnahm und Polen bis heute eng verbunden ist, musste leider kurzfristig absagen.

MfS und MSW waren beide Teil des kommunistischen Repressionsapparates, beide übten Funktionen einer Geheimpolizei aus und waren damit mehr als „normale“ Geheimdienste. Diesen Umstand gab Jaskulowski immer wieder zu bedenken, denn es gehe hier auch um die Opfer von Diktaturen.

Gleichzeitig, so die Ergebnisse seiner Forschungen, gab es auch zahlreiche satirisch-witzige Anekdoten aus der Kooperation der beiden Dienste „wie sie Monty Python nicht besser hätte erdenken können“. Viele davon resultierten aus kulturellen Unterschieden und Missverständnissen, die ein ganz besonderes Schlaglicht auf die Offiziere der beiden Dienste werfen.

Gemeinsame Feinde als Arbeitsgrundlage

Eine erfolgreiche Zusammenarbeit bescheinigte Jaskulowski den beiden Geheimpolizeien bei der Arbeit gegen ideologische Feinde wie Andersdenkende oder den Kirchen. Dies hielt sie jedoch nicht davon ab, gleichzeitig auch gegeneinander zu spionieren. Von tiefem Misstrauen waren beide „Freunde“ geprägt, neueste Technik wurde nicht gezeigt, Sprachkurse der anderen Seite aus Angst vor Anwerbungsversuchen blieben ungenutzt. Sowohl in Warschau als auch in Ostberlin betrieben beide Aufklärung zur politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lage.

Dabei setzten beide Seiten vor allem auf die Anwerbung menschlicher Quellen („IM“). Doch während die Berichte, die das MfS an die SED-Parteiführung über die Lage in Polen vor allem solche Informationen produzierten, die von der Parteiführung erwartet wurden, gingen die polnischen Genossen einen anderen Weg: hier prognostizierte man in kurzen, sachlichen Berichten zum Beispiel die unbedingte Notwendigkeit politischer Veränderungen in der DDR. In der Tat eine schwierige, facettenreiche „Freundschaft“.

Im Anschluss an diese hochspannende Diskussion zeigte das Polnische Institut den Spionagethriller „Jack Strong“, der die wahre Geschichte von Oberst Ryszard Kukliński erzählt. Seit 1970 arbeitete Kukliński für die CIA und floh nach seiner Enttarnung 1981 in die USA.


Die nächste Veranstaltung am 13. Juni 2019 führt uns wieder in die Gegenwart. Tania Röttger von CORRECTIV.Faktencheck berichtet zu Fake News in sozialen Medien.

Autor: Florian Schimikowski

Veröffentlicht am: 11.06.2019