Rückblick: Eine Zeitreise durch die Geschichte der Gesichtserkennung mit Adam Harvey

Nicht ganz ohne Stolz erwähnt der Künstler und Technik-Spezialist Adam Harvey, ein Bild einer seiner Werke habe es in eine interne Publikation eines Geheimdienstes geschafft. Warum? Weil es sich Harvey zur Aufgabe macht, Mechanismen der Gesichtserkennung und -analyse zu dekonstruieren um die dahinterstehenden Algorithmen auszutricksen.

Das mag ein Geheimdienst einerseits sinnvoll finden, um seine Mitarbeiter vor diesem Verfahren zu schützen (wie zum Beispiel der BND im Jahr 2014). Oder aber er kann es kritisch sehen, weil damit seine Methoden der Erkenntnisgewinnung beschnitten werden. Die Tatsache, dass eines von Harveys Werken die Aufmerksamkeit der Geheimdienste erregte hat, kann als klares Indiz für die Relevanz seiner Arbeit gewertet werden.

Datenschutz-Künstler Adam Harvey im Deutschen Spionagemuseum

Einen Überblick über dieses aktuelle und spannende Thema bot Adam Harvey am 30. Mai 2017 im Deutschen Spionagemuseum. Der Vortrag konzentrierte sich dabei nicht speziell auf Geheimdienste. Vielmehr ging es um die historischen und aktuellen Verfahrensweisen zum Thema Gesichtserkennung.

Begonnen wurde mit einem Konzeptpapier einer CIA-nahen Firma. In diesem wurde bereits in den 1960er-Jahren eine Maschine zur Gesichtserkennung beschrieben. Die Tour durch die Geschichte der Algorithmen endete bei heutigen Unternehmen. Diese nutzen die Technik, um Menschen auf Basis ihrer Gesichter in diverse Kategorien – von „Terrorist“ bis zu „Bingo-Spieler“ – einzuordnen. Über die Sinnhaftigkeit und die Realitätsnähe solcher Einordnungen lässt sich streiten.

Gesichtserkennung zur Kundenanalyse

Dass diese Vorgehensweise tatsächlich immer mehr Beachtung findet, macht ein Artikel von Spiegel Online deutlich, der am Vorabend der Veranstaltung erschien. In 40 Real-Supermärkten in Deutschland wird die Reaktion der Kunden auf Werbebildschirme mittels Facial-Analysis bewertet.

In der anschließenden Fragerunde zeigte sich, dass Gesichtserkennung und die nachfolgende Analyse nicht zwingend negativ konnotiert sein muss. Doch Harvey, insgesamt dem Thema gegenüber kritisch, erkennt auch sinnvolle Einsatzbereiche. Dazu gehören unter anderem der Abgleich von Gesicht und Kennzeichen eines PKW zur Zugangskontrolle überlasteter Innenstädte. Nur wenn Fahrer und Fahrzeug zusammen passen (und weitere Voraussetzungen erfüllt werden) könnte beispielsweise ein Auto in das Stadtzentrum gefahren werden.


Die nächste Veranstaltung im Deutschen Spionagemuseum findet am 13. Juni 2017 statt und beleuchtet die Standorte des BND. Dr. Bodo Hechelhammer, Leiter Forschungsgruppe Geschichte beim Bundesnachrichtendienst, berichtet von den Anfängen in Pullach bis zum gewaltigen Neubau an der Chausseestraße in Berlin.

Autor: Christoph Ewering

Veröffentlicht am: 31.05.2017