Rolf Noskwith – Codeknacker in Bletchley Park, 1919 – 2017

Am 3. Januar 2017 verstarb einer der vermutlich letzten Kryptoanalytiker, die während des Zweiten Weltkriegs im britischen Codeknacker-Zentrum Bletchley Park arbeiteten.

Als junger Codeknacker im Bletchley Park

Rolf Noskwith wurde 1919 in Chemnitz geboren, wanderte jedoch 1932 mit seinen jüdischen Eltern nach England aus. Auf Grund seiner deutschen Herkunft war es für Noskwith schwierig, nach seinem Studium einen Arbeitsplatz zu finden. Nach mehreren erfolglosen Bewerbungen an unterschiedlichen Institutionen gelang es ihm, in Bletchley Park eine Anstellung zu bekommen. Hier arbeitete die Government Code and Cypher School (G.C. & C.S.) bereits seit 1939 daran, deutsche Verschlüsselungsmaschinen wie die Enigma zu knacken.

Einer der bekanntesten Experten in Bletchley Park war der Mathematiker Alan Turing, der auch maßgeblich zur frühen Computerentwicklung beitrug. Speziell konzentrierte dieser sich auf die von der deutschen Kriegsmarine eingesetzte Variante der Enigma. Turings Stellvertreter Hugh Alexander warb den jungen Rolf Noskwith an, der sofort im sogenannten „Crib Room“ eingesetzt wurde.

In dieser speziellen Abteilung untersuchten Kryptoanalytiker verschlüsselte Nachrichten, in denen sie wiederkehrende Klartextphrasen (sogenannte „Cribs“) vermuten. Gelang es, die Position eines „Crib“ im verschlüsselten Text zu finden, konnte man Rückschlüsse auf die Einstellungen der Enigma ziehen. Da die Verschlüsselung der Enigma täglich geändert wurde, mussten die Codeknacker in Bletchley Park entsprechend jeden Tag neu mit ihrem Verfahren ansetzen.

Entscheidenden Einfluß auf das Kriegsgeschehen

Einen der größten Erfolge feierte man mit dieser Prozedur am 6. Juni 1944, an dem Tag der Landung der Alliierten in der Normandie (D-Day). In verschlüsselten Nachrichten der deutschen Seite, hinter denen man Wetterberichte vermutete, suchte man nach der Formulierung „WETTERVORHERSAGEBISKAYA“, fand entsprechende Muster und konnte daraus die Einstellungen der Enigma ableiten. Somit waren die Briten in der Lage, an diesem für den Kriegsverlauf entscheidenden Tag sämtliche Funksprüche der Deutschen zu entschlüsseln.

Noskwith war bis 1946 in Bletchley Park beschäftigt und sorgte zusammen mit seinen Kollegen für eine deutliche Verkürzung des Zweiten Weltkriegs. Seine Erlebnisse schilderte er ausführlich in mehreren Veröffentlichungen, in denen er und andere Codeknacker von ihrer Arbeit berichten. Nach dem Krieg übernahm er die Textilfabrik seines Vaters und leitete diese bis ins Jahr 2000.


Fotos: Noskwirth: © CC-BY-SA 3.0 provided by Wikimedia Commons | User: Abebenjoe / Turing-Bomb: © Public Domain | provided by Wikimedia Commons | photo by National Security Agency

Autor: Christoph Ewering

Veröffentlicht am: 04.01.2017